Nadja Thelen-Khoder

Erlangen, bitte nicht!
1. Die Ärzte für Frieden und soziale Verantwortung e.V.

„Ärzte für Frieden und soziale Verantwortung e.V.
Regionalgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen der IPPNW
International Physicians fort he Prevention of Nuclear War
c/o Prof. Dr. H. Wandt (Adresse)

Herrn
Ministerpräsident Dr. Markus Söder
Bayerische Staatskanzlei
Postfach 220011
80535 München

Nürnberg, 23.02.2023

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder,

retten Sie bitte die letzten ,steinernen Zeugen‘ der NS-,Euthanasie-Aktion T4‘ in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Erlangen!

Wie in neuesten medizinhistorischen Forschungen nachgewiesen werden konnte, wurde auch im noch nicht abgerissenen ,Männerflügel‘ der Erlanger Heil- und Pflegeanstalt (HuPfl) die ,Hunger-Euthanasie‘ an ca. 1000 Psychiatriepatienten durch Ärzte in der NS-Zeit vollzogen. Die euphemistisch bezeichnete ,Euthanasie‘, die Tötung von insgesamt mehreren hunterttausend psychiatrisch erkrankten Menschen durch Gas, Spritzen und durch Verhungern, war bekanntlich die erste Erprobungsphase für den folgenden Holocaust. Der Hungererlass ab 1942 wurde damals auch durch eine politische Initiative aus einem Bayerischen Ministerium angestoßen. Dieser letzte ,steinerne Zeuge‘ für die systematische Tötung in der ,HuPfla‘ darf nicht auch noch abgerissen werden! Der noch bestehende Gebäudeteil würde sich sehr gut in das schon geplante Gedenkkonzept einfügen lassen, ohne den medizinischen Forschungsschwerpunkt der Universität und die Bauten der Max-Planck-Gesellschaft zu gefährden.

Nachdem er heute kaum noch lebende Zeugen der Opfer der nationalsozialistischen Mordmaschinerie gibt, werden ,steinerne Zeugen‘ wie z.B. KZ-Gedenkstätten immer wichtiger. Besonders gelungene Beispiele von steinernen Mahnmalen aus der NS-Zeit und zum Opfergedenken sind in Nürnberg mit dem ,Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände‘ und dem ,Memorium Nürnberger Prozesse‘ vorhanden. Die Universität Erlangen-Nürnberg bildet eine wichtige Brücke in die Europäische Metropolregion. Die ,HuPla‘ in Erlangen ist von nationaler und internationaler Bedeutung; auch ausländische Kranke wurden Opfer, Kinder wie auch hochbetagte Menschen.

Wir hoffen als Ärztinnen und Ärzte, die sich seit Jahrzehnten intensiv mit den Medizinverbrechen der NS-Zeit beschäftigen, dass die Verantwortlichen von Politik, Gesellschaft und Universität sich auf Grund der inzwischen gut belegten Forschungs-ergebnisse noch zu einem Umdenken entschließen können.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, helfen Sie mit, den absehbaren irreparablen Schaden für die Gedenkkultur an die Opfer der medizinischen NS-Verbrechen durch die geplante Zerstörung dieses einmaligen Gedenkortes in Erlangen zu verhindern. An Ihrer eigenen Universität ist die Verbindung der historischen Bausubstanz mit den Neubauten gut möglich. Wir möchten Sie sehr herzlich bitten, sich zusammen mit der Zivilgesellschaft und sehr vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern für den bestmöglichen Erhalt der noch verbliebenen historisch-authentischen Gebäude einzusetzen.

Vielen Dank für Ihre besonderen Bemühungen!

Mit freundlichen Grüßen

Für den Vorstand

Dr. med. Elisabeth Heyn        Dr. med. Alfred Estelmann        Prof. Dr. med. Hannes Wandt“

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